Kampf verloren

... oder die Beantwortung der Frage, ob DIN-VDE-Bestimmungen rechtsverbindlich sind?

Letzten Donnerstagabend waren wir auf der Baustelle und haben uns die Mängelbeseitigung durch Fa. Alarm-Center angeschaut. In der Küche wurde eine waagerechte Leitung in die Installationszone verlegt, also neu gefräst. Das war bei dem Thema aber auch das einzige Eingeständnis von Herrn F. Die Leerrohre wurden an die Fenster gesetzt, jedoch nicht so wie besprochen. Vor allem im HWR wurde statt einem Leerrohr nur Bauschaum gespritzt. Dort oben verläuft die Rolladenleitung, da sie von der rechten Seite, auf die linke gelegt wurde. 


Wir haben nach Rücksprache mit unserem Bausachverständigen dann gleich am Morgen des 04.03.2016 Team Massivhaus und dem Bauleiter Bescheid gegeben, dass die Mängelbeseitigung nicht zu unserer Zufriedenheit ausgeführt wurde. Man wollte sich dem Thema annehmen und mit Herrn F. sprechen. Seitdem hatten wir nichts gehört und deshalb ein recht ruhiges Wochenende.

Heute nach dem aufstehen wurden wie immer erstmal Mails gecheckt und siehe da. Gestern Abend erreichte uns eine Stellungnahme von Herrn F. Wir fühlten uns ziemlich hingehalten, denn wenn die Lösung so einfach ist, warum kann man sich dazu nicht schon früher äußern?

"beim Betrachten ihres Foto im HWR sollte Ihnen die zusätzliche Dose auf der rechten Seite auffallen! Diese ist die Übergabestelle für die Rollladenleitung und der Festen Installationsanlage! Bei den weiteren Rollladen-Dosen sind Leerrohre verlegt."

Man merkt mal wieder den angespannten Ton zwischen uns, da jeder Satz mit einem Ausrufezeichen beendet wird. Jedenfalls hatten wir heute Morgen auch Baustellenbegehung mit unserem Bauleiter und dieser bestätigte die korrekte Ausführung aus seiner Sicht. Wenn die Rollladenleitung in der Dose endet, dann verstehe ich zwar nicht, dass links ein Leerrohr gesetzt wurde, aber ich bzw. wir sind es mittlerweile auch Leid dort weiter Zeit und Nerv zu investieren. Wahrscheinlich ist das einfach die Taktik, dass die Bauherren sich am Ende geschlagen geben.

Wir stellten dann heute auch konkret die Frage, warum es denn einen Vertrag gibt, wo auf die DIN bzw. Ausführung nach den anerkannten Regeln der Technik hingewiesen wird, wenn die DIN vom Elektriker nicht eingehalten werden (muss). Herr Lange sagte uns, dass er das selbst wegen unserem Fall recherchiert hat und es gäbe eine Vereinbarung, dass Fachunternehmen, die länger als 10 Jahre auf dem Markt sind, die DIN abwandeln dürfen, nämlich zu ihren Gunsten und Erfahrungen. Heißt, wenn sich etwas bewährt hat und die Sicherheit trotzdem gewährleistet ist, dann kann man das anders machen. Auf die Frage hin, wo das steht und ob wir die Aussagen auch mal schriftlich erhalten könnten, meinte er nur, dass er auch sehr lange suchen musste und das stehe irgendwo in der Handwerkskammer. Mal wieder eher unbefriedigt nach dieser Antwort, merkten wir unsere Erfolgschancen schwinden. Wenn sich unsere Baufirma damit rausredet, dass irgendwo was steht und wir nicht weiter die Zeit und vor allem das Geld in einen Anwalt investieren wollen/können, dann müssen wir das jetzt so hinnehmen. Allerdings wurde später die Lieblingssuchmaschine gefragt mit den Worten: Ist eine DIN rechtsverbindlich.

Dabei sind wir auf diese Seite www.elektrofachkraft.de gestoßen und haben folgende Erkenntnis gewonnen. Es darf wirklich abgewichen werden, wenn die Sicherheit auf andere Weise gewährleistet wird. Durch die Überreichung der Fachunternehmererklärung und der Messprotokolle am Ende des Bauprojekts wird dies dann wohl vorerst unsere Sicherheit sein...

Abweichungen von Norm möglich
Mit der gesetzlichen Verankerung der allgemein anerkannten Regeln der Technik wird des Weiteren eine rechtliche Grundlage für eine ggf. notwendige strafrechtliche Verfolgung durch den Gesetzgeber bei Zuwiderhandlung gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik geschaffen. Andererseits kann und darf von den Anforderungen der DIN-VDE-Bestimmungen jederzeit abgewichen werden, sofern für gleichwertige Sicherheit gesorgt wird. Hierin liegt eine Gefahr, denn grundsätzlich kann jeder, der (Fach-)Verantwortung trägt, einen möglichen Schuldvorwurf dadurch einschränken oder sogar ausschließen, indem er sich pflichtgemäß verhält und verantwortungsbewusst handelt. 
Umkehr der Beweislast
Für die Elektrofachkraft (z.B. Elektriker, Sachverständiger), die sich bei der Ausübung ihrer Aufgaben an die "allgemein anerkannten Regeln der Technik" hält, spricht der juristische Anschein, dass sie richtig und damit nicht schuldhaft gehandelt hat. Ein fahrlässiges (schuldhaftes) Handeln müsste ihr dann erst nachgewiesen werden. Dem entsprechend wird bei der Elektrofachkraft, die bei der Ausübung ihrer Aufgaben von den "allgemein anerkannten Regeln der Technik" abweicht, vermutet, dass sie nicht richtig gehandelt hat. In diesem Fall, muss die Elektrofachkraft im Ernstfall erst beweisen, dass sie und wie sie die gleiche Sicherheit auf andere Weise gewährleistet hat und somit nicht schuldhaft gehandelt hat. Juristisch handelt es sich hierbei um die so genannte "Umkehr der Beweislast". 
Fazit
Die DIN-VDE-Bestimmungen gelten unter Berücksichtigung des EnWG (Energiewirtschaftsgesetz) als quasi rechtsverbindlich. Aufgrund des juristischen Gefüges kann jeder Elektrofachkraft und jedem Betreiber elektrischer Anlagen nur nachdrücklich geraten werden, grundsätzlich die allgemein anerkannten Regeln der Technik und damit auch die Anforderungen der DIN-VDE-Bestimmungen zu beachten.


Am Ende unserer halbstündigen Begehung haben wir noch unserer angeordneten Baustopp via Unterschrift aufgehoben und haben den derzeitigen Bauzeitenplan besprochen. Die Innenputzer sollen die Woche kommen und spätestens bis Montag fertig werden. Nächste Woche kommen die Hausanschlüsse sowie vsl. die Hauptinstallation Elektro. Kapitel also hiermit (fast) abgeschlossen und aufgegeben, weil wir einfach nur fertig werden wollen.

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